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Ein internationales Forschungsteam untersucht mit Hilfe von Modellrechnungen die Wechselwirkungen von Proteinen und Lipiden in Membranen. Im fassförmigen Tubby-Protein fanden sie so eine bislang unbekannte Bindungsstelle, die zur Aufklärung verschiedener Krankheitsbilder beitragen könnte.
Funktioniert das Tubby-Protein in unseren Zellen nicht, werden Störungen im Energiehaushalt, Fettleibigkeit, Abbau der Netzhaut und Gehörverlust beobachtet. Die genauen Hintergründe für diese Fehlfunktionen sind unklar, daher sind Erkenntnisse zur Funktionsweise dieses Proteins wichtig. Die Familie der Tubby-Proteine spielt eine wichtige Rolle für den Transport von Proteinen in der Zellmembran. In einer genau passenden „Tasche“ binden sie Rezeptorproteine und schleusen diese in feine Härchen, die primären Zilien. Diese Zilien fungieren als Antennen, die Signale außerhalb der Zelle erkennen und ins Zellinnere weiterleiten. Ist ihre Funktion und damit die Signalweiterleitung gestört, können Krankheiten, sogenannte Ziliopathien, auftreten.
Damit Tubby funktioniert, muss es an der Innenseite der Membran über ein spezifisches Lipid, PI(4,5)P2, welches ausschließlich in der Zellmembran vorkommt, andocken. Dr. Sebastian Thallmair vom Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) sowie Prof. Dominik Oliver von der Universität Marburg und Prof. Siewert-Jan Marrink von der Universität Groningen, Niederlande untersuchten den Bindungsmechanismus des Tubby-Proteins an dieses Signallipid genauer. In ihrer aktuellen Veröffentlichung beschreiben sie eine bisher unbekannte Bindestelle des Tubby-Proteins. „Mit computergestützten Berechnungen identifizierten wir eine zweite Bindungstasche für das Signallipid, neben der bereits bekannten“, so Thallmair. Grundlage für diese Modellrechnungen sind die bekannte Proteinstruktur sowie Informationen zu chemischen und physikalischen Bindungsvorlieben oder Abstoßungsreaktionen einzelner Atomgruppen.
Um die Berechnungen zu überprüfen, setzte das Team anschließend Mutationen in der prognostizierten Bindestelle – die daraufhin nicht mehr funktioniert. Dies bestätigte, dass die zweite Bindungstasche in lebenden Zellen unverzichtbar für die Funktion von Tubby ist. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass Tubby-Protein an der Zellmembran andocken kann. Darüber hinaus zeigten die Wissenschaftler, dass beide Bindestellen kooperieren. „Das bedeutet, dass erstaunlicherweise zwei gebundene Signallipide mehr als doppelt so stark wirken wie nur ein gebundenes Signallipid“, erklärt der FIAS-Forschende.
Fluoreszenzmarkiertes Tubby-Protein wird auch als Marker verwendet, um Rückschlüsse auf die Lipid-Konzentration verschiedener Membranbereiche zu erhalten. „Wir wollen beispielsweise verstehen, wie das Signallipid – nachdem es abgebaut wurde – wieder synthetisiert wird“, erörtert Thallmair. „Denn es wird offensichtlich nur in bestimmten, eng begrenzten Bereichen der Zellmembran synthetisiert“. Tubby soll dabei helfen, diese Bereiche zu identifizieren.
Period | 7-Nov-2022 |
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Title Tubby-Protein: Bisher unbekannte Bindestelle an Zellmembran identifiziert Media name/outlet Biermann Medizin Media type Other Date 07/11/2022 URL https://biermann-medizin.de/tubby-protein-bisher-unbekannte-bindestelle-an-zellmembran-identifiziert/ Persons Sebastian Thallmair, Siewert Marrink
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Research output
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Two cooperative binding sites sensitize PI(4,5)P2 recognition by the tubby domain
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